Stress – gestern und heute: Wie meistere ich mein Leben? (Teil 3)

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Physiologie der Stressreaktionen die Forderung des notwendigen Stressabbaus durch ausreichende Bewegung, verbunden mit richtiger Atmung, Entspannung und gesunder Ernährung. Unser Staat – der sich „Sozialstaat“ nennt – tut für eine echte Gesundung eigentlich noch viel zu wenig, obwohl Kurheime und Rehabilitationszentren überfüllt sind. Es wird viel zu spät damit angefangen. Eben erst dann, wenn der Mensch an Körper, Seele und Geist verbraucht und geschädigt ist. Wir können und wollen dem Staate unser Heil nicht überlassen. Als denkende Menschen wollen wir die Verantwortung für uns selbst übernehmen. Wir wollen die Naturgesetze wieder erkennen lernen und uns diesen anpassen, dann ist uns der Erfolg sicher. Wir verlassen uns deshalb auf niemanden, sondern nur auf uns selbst. „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.“ Dieses Sprichwort gilt auch für unsere Gesundheit.

Was können wir nun für uns tun? Für den heutigen Stadtmenschen ist ein vernünftiger sogenannter Anti-Stress-Urlaub wichtig geworden. Schon allein wegen der zunehmenden Luftverschmutzung, der jede Großstadt unterliegt, ist es gut, wenn man das Häusermeer für einige Wochen verlässt. Hier spielt der Faktor Luftelektrizität bei unserem Hormonhaushalt eine Rolle. Staub und Aerosole – Aerosole sind feste und flüssige Schwebestoffe mit einer Größe von etwa 1 my bis 1 mmy – einer normalen Großstadt genügen, um einen Mangel an Luft-Ionen hervorzurufen. An den Staubteilchen und Aerosolen sammeln sich praktisch alle Ionen, mit denen unser Blut über die Atmung nun nicht mehr angereichert werden kann. In geschlossenen Räumen genügt schon der Rauch weniger Zigaretten, um die normale lonen-Aktivität aus der Luft zu beseitigen.

Wir sollen aber im Winter nicht in den sonnigen Süden verreisen, weil dann auch dieser zum Stressfaktor werden kann. Der Rhythmus der Jahreszeiten, dem auch der Körper unterliegt, wird unterbrochen. Auch der Lichtrhythmus ist ein wichtiger Faktor in der Klimatherapie. Wir wissen jetzt, dass der Tag-Nacht-Rhythmus auch über unser Gehirn wichtige Hormone steuert, die von der Epiphyse abgegeben werden. Jede Störung, sowohl in Form von zu starken Lichtreizen als auch solche unphysiologischer Art wie das Fernsehen, das aus vielen Punkten zusammengesetzt ist, oder die zu starke Sonnenbrille, beeinträchtigt im Grunde den normalen Rhythmus und kann in der Summierung zu größeren Belastungen führen.

Ein echter Anti-Stress-Urlaub sollte nicht als ein Braten in der Sonne und stundenlanges Baden im kalten Wasser verstanden werden, sondern als Bewegungsurlaub in reiner Luft – angereichert mit Freude und Beschäftigung, sogenannten Hobbys, für die man sonst keine Zeit hat. Viel wichtiger ist aber der Urlaub im Alltag, denn der beste Urlaub kann längst nicht mehr alle Sünden des Alltags wettmachen.

Da Bewegungsarmut krank macht, sollten wir täglich für Bewegung sorgen. Damit ist nicht körperliche Überanstrengung gemeint, nicht Leistungssport, sondern sinnvolle Entspannung und Lockerung aller Körperteile. Man sollte zunächst viel zu Fuß gehen, zum Beispiel statt des Aufzugs die Treppen benutzen. Statt mit dem Auto um die Ecke zum Einkaufen zu fahren, gehen wir die Strecke zu Fuß. Gartenarbeit ist natürlich auch ein schöner Ausgleich.

Die wertvollsten Hinweise hierfür finden wir aber in der „Drüsenlehre“. Dr. Hanish spricht hier von Entspannung über die Drüsenübungen – verbunden mit richtiger Atmung – die nur dreimal täglich (alle 6 Stunden) für jeweils 6 Minuten gemacht werden zu brauchen. Drüsenübungen sind Lockerungsübungen, die den ganzen Körper innerhalb weniger Minuten beleben, aktivieren und ausgleichen. Sie sind wertvoller als Sport und Gymnastik, weil diese Bewegungsarten nicht so entspannen. Wir müssen immer wieder verschiedene Stellungen einnehmen und verschiedene Bewegungen machen, damit alle Organe und Gelenke in ausgeglichener Funktion in guter Beweglichkeit bleiben und die Drüsen harmonisch-aktiv in ihrer Tätigkeit werden.

Es besteht eine enge Verbindung zwischen Bewegung und Lockerung, Atmung und Gehirnfunktion. Durch die Aktivierung unserer Drüsen wird das Gehirn über die Hypophyse und die Epihpyse, aber auch über die Thymusdrüse belebt. Es entwickelt sich mit der Zeit ein eigenständiges, selbständiges, individuelles Herzdenken, das uns den richtigen Lebensweg, den wir zu gehen haben, deutlicher vor Augen zu führen vermag, weil wir unabhängiger von den Meinungen und Ansichten der Umwelt werden. Nur in der Entspanntheit können wir klar und folgerichtig denken, weil wir dann auch gleichzeitig ruhig und rhythmisch atmen und der Blutkreislauf sich bessert. So kann es dann nicht mehr passieren, dass wir, wenn der Chef uns anfährt, mit agressivem Verhalten reagieren, sondern uns denken, er könne selbst in familiären oder sonstigen Schwierigkeiten stecken, die er nun an uns als Untergebenen auslassen möchte. Wir denken uns, dass seine Haltung überhaupt nichts mit uns zu tun hat. Tiere sind nicht fähig, solche Überlegungen zu vollziehen, aber der Mensch steht doch mit seinem Bewusstsein über dem Tier. So können wir Stressreizen mit entsprechender Gedankeneinstellung ausweichen. Dazu müssen wir uns erziehen.

Je bedachtsamer wir in der Ernährung sind – so heißt es in der „Drüsenlehre" weiter – je rhythmischer wir atmen, je planmäßiger und beständiger wir durch unsere Entspannungs- und Lockerungsübungen gehen, die nötig sind, um die völlige Gelassenheit und Ergebung zu erzielen, desto eher belebt sich ein jeder Teil in uns bis in die einzelne Zelle. Drüsenübungen stimmen uns positiv und fröhlich – ein weiterer Anti-Stress-Faktor. Unsere Thymusdrüse kommt wieder zum Vibrieren. Obwohl im Erwachsenenalter zurückgebildet, kann sie doch noch mit kleinen Drüsenresten funktionieren. Mit der Freudigkeit und positiven Lebenseinstellung weicht auch die Krankheit, die Depression. Sie weicht, weil die Immunabwehr über die Thymusdrüse durch die Vibrationen wieder angestiegen ist, weil wir eine Verbindung mit dem Herzen hergestellt haben, das über das vegetative Nervensystem mit dieser Drüse eng verbunden ist, weil gleichzeitig unsere Gedankenrichtung eine andere geworden ist.

Ein weiteres hervorragend regulierendes Mittel, um nervöse Disharmonien auszugleichen, besitzen wir in der Atmung. So wie Bewegungsarmut automatisch für eine flache Atmung sorgt, weil der Sauerstoffbedarf geringer wird, so beobachten wir diese Art von Atmung fast bis zur Atemlosigkeit auch bei geistig-seelisch gestressten Menschen. Beides wird über das Vegetativum beeinflusst. Bei Angst und Furcht wird ein Krampfzustand erzeugt, der nur durch bewusstes Tiefatmen gelöst werden kann. So müssen Kinder mit Asthma, Stottern, Bettnässen und anderen neurotischen Erkrankungen nicht nur psychologisch, sondern besonders auch atemtherapeutisch behandelt werden. Der Atem ist ein Mittel des Ausgleichs unserer vegetativen Fehlsteuerung, ein Mittel zur Harmonisierung unseres Selbsts und nicht zuletzt ein Mittel zur Erweiterung unseres Bewusstseins.

Das Zwerchfell muss sich wieder bewegen lernen, die Flankenatmung mit in Bewegung gesetzt werden, weil alles sich nach oben verkrampft hat. Wir sprechen vom zwerchfellerschütternden Lachen oder sagen: „Lachen ist gesund.“ Das Lachen bringt die Lunge über die verstärkte Zwerchfellbewegung zur größeren Ventilation, die Funktion der Baucheingeweide wird durch die Bewegung des Zwerchfelles angeregt. Deshalb sind lachende und fröhliche Menschen im Allgemeinen ausgeglichener und entspannter und somit gesünder.

Hier möchte ich für all diese Stressneurosen noch auf die Harmonieübungen hinweisen, die mittels des Tones zu einer wesentlichen Intensivierung der Entspannung und Harmonisierung beitragen. Durch die Arbeit an uns selbst können sich Harmonie, Friede und Gesundheit in das Leben eines jeden Menschen einstellen.

Zu der positiven Lebenseinstellung gesellt sich die Zuversicht, die Hoffnung und der Glaube. Darauf bauen auch die geistigen Heilungen auf. „Dein Glaube hat dir geholfen“, hat Jesus einst gesagt, denn er hat um die Kraft des wahren Glaubens gewusst. Die verschiedenen Glaubensbekenntnisse vermitteln leider nicht den Glauben an uns selbst, an die wundersamen Kräfte in unserem Körper, die uns wieder auferstehen lassen können. Echter Glaube steigert sich in Zuversicht und Hoffnung, die sich in Ausatmungsgebeten und Übungen, kurz in unentwegter Arbeit an uns selbst verstärken muss. Werden wir uns wieder bewusst, dass Gott auch mit seiner Heilkraft in uns wohnt! Es werden dann ungeahnte Kräfte mobilisiert, die zur Heilung beitragen. Der gestresste Mensch hat seine göttliche Mitte verloren, er muss zum Glauben an sich selbst zurückfinden, um sein geistig-seelisch-körperliches Gleichgewicht zurückzuerobern. Der Mensch, der sich bewusst wird, dass er das göttliche Prinzip in sich trägt, wird Herr seiner selbst, seines Körpers und somit auch seiner Gesundheit und seines Schicksals.

Vortrag von Frau Dr. med. Elisabeth Begoihn (1977), bearbeitet von Jens Trautwein.
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