IM REICH DER SINNE: 2. Lektion – Gehörsinn

Auf allen Stufen unseres Daseins, bei jedem Beruf, dem wir uns widmen, in allen unseren Unternehmungen hängt der Erfolg von der Kraft ab, die uns Selbstvertrauen und dadurch die Zuversicht des Erfolgs verleiht. Diese Kraft ist in uns und wird wirksam, wenn wir im Zustand der Gesundheit sind. Sie wächst in dem Grad, in dem wir Liebe zum Leben haben und diese Liebe zum Leben von der Weisheit begleitet wird. Brennt das Feuer der Liebe in uns und kontrolliert die Weisheit seine Flammen, dann wird das Leben wert, gelebt zu werden, weil es sich beständig vervollkommnet.

Der Mensch hat es also in der Hand, aus seinem Leben das zu machen, was er will, und die Lebensverhältnisse sind so, wie er sie sich schafft. Er gleicht insofern dem Samenkorn. Wir können den Samen in die Erde legen, den Boden lockern und bewässern; das Übrige aber muss der Samen durch seine ihm innewohnende Intelligenz selbst vollziehen.

Dasselbe Gesetz gilt auch für den Menschen, und zwar in erhöhtem Maße, da er mit Recht für sich in Anspruch nimmt, ein Wesen höherer Art zu sein. Es gibt für den Menschen auf der Erde nur einen Weg zur Befriedigung, Freude und Vollkommenheit, nämlich Gesundheit durch harmonische Verbindung mit der Natur.

Gesundheit ist uns also ein Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck; sie ist nicht unser Lebensziel, nicht unser höchstes Ideal, nicht der Lebensinhalt, sondern ein Begleitumstand des Lebens, der nötig ist, damit wir unsere höhere Aufgabe lösen können. Fehlt es uns an der Gesundheit, dann können wir uns die Verhältnisse in der Umgebung nicht voll zunutze machen oder das Leben nicht vollkommen gestalten; wir sind nicht Herr über die Natur und leiden deshalb unter dem Druck der blinden Naturkräfte; wir führen kein menschenwürdiges Dasein, sondern vegetieren nur. Gesundheit ist die Voraussetzung für die Erhaltung unseres körperlichen Zustandes und für die Entwicklung unserer körperlichen und geistigen Fähigkeiten, wovon unsere Selbsterkenntnis und unser Lebensglück abhängen.

Der Mensch muss sich also zunächst gesund machen, ehe er höher steigen kann. Er muss sich dazu nicht nur vollkommener Gesundheit erfreuen, sondern muss auch seine Neigungen, Triebe und Leidenschaften beherrschen und jeden Teil seines Körpers in Harmonie oder Übereinstimmung mit seinem Denken bringen. Erst dann wird er sich höher entwickeln können und die Größe seiner Aufgabe und Verantwortung erkennen.

Wenn ein Kranker nur langsam gesundet, kommt es daher, dass zu viel Säuren in seinem Körper vorhanden sind, die ihn zurückhalten und ihm das Selbstvertrauen nehmen. Wo aber kein Selbstvertrauen ist, ist auch kein Glauben und kein Gottvertrauen. Wenn wir nicht glauben, dass alle Potenzen, Elementarien und Chemikalien zur Förderung unserer Gesundheit in uns sind, dann hat es keinen Zweck, dass wir irgendetwas einnehmen. Denn das Eingenommene muss in uns etwas Verwandtschaftlichem begegnen, wenn es wirken soll, da sonst keine Verschmelzung stattfinden kann. Vereinbart sich aber das Eingenommene mit etwas Verwandtschaftlichem in uns naturgemäß, dann können die einfachsten Hausmittel Großes schaffen.

Der Kranke darf also nicht glauben, die ausschlaggebenden Potenzen seien ausschließlich in der Medizin vorhanden, sondern er muss den Glauben haben, dass alle diese Potenzen in ihm selbst enthalten sind und durch die einzunehmende Medizin nur zum Vorschein gebracht werden sollen. Dann wird sich selbst in den schwersten Fällen die Gesundheit wieder einstellen.

Sind wir schon soweit erkrankt, dass der Magen nichts mehr vertragen kann, die Leber nicht mehr wirkt, die Lungenkraft schwindet, die Tuberkulose einsetzt und das Herz uns Furcht einflößt, dann müssen wir den Körper mit Natronspülungen beleben, indem wir ca. 44°C heißes Wasser in den Darm einlaufen lassen und jedem Liter Wasser 1 Esslöffel doppeltkohlensaures Natron beigeben. Alle 6 Stunden und in sehr schweren Fällen alle 3 Stunden wird damit der Darm ausgewaschen und auch andere Teile, soweit das nötig ist. Gleichzeitig und immer wieder von Zeit zu Zeit, etwa alle 3 Stunden oder wenn der Kranke zu trinken verlangt, gibt man ihm heißes Natronwasser zu trinken; auf 1 Glas heißes Wasser gibt man 1 Teelöffel Natron. Das überbrückt den Zustand, bis der Kranke in eine Lage kommt, in der er allmählich selbstbewusst wird, also sozusagen der Glauben und das Selbstvertrauen aufwachsen können.

Oftmals geschehen fast Wunder. Kranke, die schon aufgegeben waren, weil man glaubte, es wäre ihnen nicht mehr zu helfen, da sie schon im Unbewusstsein lagen, die Atemzüge schon unsicher wurden und das Todesröcheln schon zu hören war, konnten einfach nicht sterben, nachdem sie die Natronspülungen bekommen hatten. Selbst wenn der Kranke schon in den Koma-Zustand gefallen ist, er also sozusagen zwischen Leben und Tod schwebt, erhält man ihn mit diesen Natronspülungen und dadurch, dass man ihm immer wieder Natronwasser einflößt. Er befindet sich in einer Krise, als wäre das Leben im Begriff, sich von diesem Körper abzuwenden, obwohl es aber noch da ist. In der Regel und selbst in den schwersten Fällen kommt der Kranke wieder zu sich zurück, kommt wieder zum Bewusstsein. Von da an gesundet er dann schnell.

Die Hauptsache ist, dass man von einem Kranken alles fernhält, was Säuren erzeugt oder Säuren in ihm entwickeln könnte. Das sicherste und einfachste Mittel ist dann heiße Milch. Später gibt man Weizengrieß und dann Weizengrütze aller Art. Aber die heiße Milch bleibt immer die Hauptsache und der Stuhlgang muss vollständig und regelmäßig erfolgen. Die schwerste Krankheit ist heilbar, wenn man ihr an die Wurzel greift und der Natur dazu verhilft, die Widerstandskraft zu bestärken und den Glauben und das Selbstvertrauen in uns zu erhöhen.

Meist wird der Grund zu Krankheiten durch falsche oder zu starke Reizmittel gelegt, die uns zur Gewohnheit werden, zunächst unsere Entwicklung zum Stillstand bringen und schließlich der Krankheit den Boden bereiten. Wir begegnen sogar immer wieder Männern und Frauen, die sich geistig nicht weiter entwickeln, obwohl sie ihre Atemübungen befolgen und es auch mit der Ernährung genau nehmen. Ihre Entwicklung hatte einen guten Anlauf genommen und ist auch bis zu einem gewissen Grade gediehen und dann kam der Stillstand, weil sie immer noch zu starke Reizmittel gebrauchen, zu starken oder aufgekochten Kaffee oder Tee, zu schweren Kakao, zuviel und zu schwere Schokolade, vielleicht noch zu viel Sahne, zu viel Butter in der Kocherei, zu viel alkoholische Getränke, vielleicht sogar noch Tabak. Solange wir Tabak gebrauchen, entwickeln wir uns nur bis zu einem gewissen Punkt; das Nikotin hält uns zurück. Gewiss, solange ein Mensch ein schwerer Fleischesser ist, muss er ja auch rauchen. Denn die Säuren und die schädlichen Salze, die in dem Fleisch enthalten sind, werden durch den Tabak paralysiert oder abgestumpft, ähnlich wie beim Räuchern von Schinken und Speck. Mithin erhält der Tabak den Fleischesser bis zu einem gewissen Alter. Sammelt sich aber immer mehr Nikotin in ihm an, dann entstehen unheilbare Krankheiten, an denen er draufgeht.

Wer das Rauchen aufgeben will, muss vor allem einen festen Entschluss fassen und dann anstatt Tabak recht viel Milch nehmen, bis vier Liter täglich, um das Nikotin loszuwerden. Allmählich klärt sich die Haut und wird wieder rosig und gut durchblutet und nach drei Monaten ist man ein anderer Mensch geworden und fühlt, dass die Entwicklung wieder einsetzt.

Je mehr wir uns entwickeln wollen, umso mehr so genannte Opfer müssen wir bringen. So manches müssen wir aufgeben, sogar in der Ernährung. Unsere Mahlzeiten müssen wir immer kleiner, nicht größer machen, müssen bald von diesem, bald von jenem weniger nehmen, bis wir nach und nach den Ausgleich finden. Außerdem müssen unsere Übungen zur täglichen Gewohnheit werden. Dann geht die Entwicklung tagtäglich weiter vor sich.

Ergeben wir uns aber immer noch einem Genuss in dem Glauben, dadurch das Leben zu genießen, sei es nun Tabak, Schokolade, Süßigkeiten oder etwas Ähnliches, so bleiben wir in unserer Entwicklung zurück. Wir mögen wohl gewisse Ideen in uns entwickeln, aber das Wahre, Wirkliche, Unbestreitbare bleibt uns immer noch fern. Wir diskutieren und debattieren und rücken unsere kleinlichen, begrenzten Ideen immer wieder in den Vordergrund, anstatt dass wir das Prinzipielle begreifen, einsehen und erkennen.

Wir wollen dann immer noch die Herren spielen und als Autorität gelten. In Wirklichkeit beherrscht uns aber nur die Furcht, von unserer eingebildeten Größe etwas preisgeben zu müssen. Das beweist, dass wir körperlich und geistig krank sind. Wir sind geisteskrank in demselben Grade, in dem wir regieren wollen und die Rechte anderer nicht anerkennen. Denn je mehr wir das Prinzipielle begreifen, verstehen, wissen und erkennen, um so mehr müssen wir anerkennend und ein Beispiel sein.

Der Segen der ersten rhythmischen Atemübung fängt an, sich spürbar zu machen. Vor unserem geistigen Auge sehen wir die ewige Jugend sich entfalten. Unser Gesicht beginnt zu strahlen, die Falten glätten sich, die Haut wird rein und weich wie Samt, das Haar bekommt seine natürliche Farbe wieder, die Stimme wird hell und wohlklingend, die Augen strahlen wie der Morgenstern, die Glieder werden gelenkig und die Bewegungen anmutig. Alles erscheint uns in anderem Lichte, als ob sich Himmel und Erde verjüngt hätten.

Schauen wir genauer zu und mit nüchternen Augen, dann sehen wir, dass wir in vielen Dingen natürlicher geworden sind, weil wir die einfache und klare Sprache der Mutter Natur verstanden und ihre Lehren befolgt haben, sodass uns ihre Segnungen als Lohn in den Schoß fielen.

Jeder, der die Gesetze der Natur beachtet und befolgt, erfreut sich eines vollkommenen Lebens und wer täglich bei seinen Übungen Ga-Llama, das zentralisierende Lebensprinzip, bewusst einatmet, baut sich einen verjüngten Körper auf und entwickelt seine Sinne, sodass er die Sprache der Natur immer besser versteht und ihre Gesetze immer besser erkennt.

Unser Körper ist vollkommen in seiner Anlage. Aber wir sind noch nicht fähig, all das Gute, das in ihm verborgen ist, zu erkennen. Viele haben ihren Körper, der uns doch gleich einem Heiligtum sein sollte, so vernachlässigt, dass sie sich ihm gegenüber keiner Pflichten mehr bewusst sind, ihn geradezu als ein notwendiges Übel betrachten und sich in Reiche verlieren, aus denen eine Rückkehr schwer möglich ist. Dabei entwickeln sie ihre Einbildungskraft so stark, dass sie den Boden unter den Füßen verlieren und wähnen, geistige Wesen zu sein; in Wirklichkeit entwickeln sie aber keine geistigen Fähigkeiten, sondern steigern nur ihre Einbildungskraft.

Auf den unteren Entwicklungsstufen gebraucht der Mensch vorwiegend die Einbildungskraft und lässt sich von ihr so lange leiten, bis er seine Sinne höher entwickelt hat, und selbst dann ist er immer noch geneigt, die Vorstellungen, die er sich einbildet, für einen Ausdruck seiner Vergeistigung zu halten, anstatt auf dem Boden der Wirklichkeit zu bleiben und sich den Fortschritt Tag für Tag zu erarbeiten. Bevor er sich der falschen Richtung gewahr wird, beschäftigt er sich mit Dingen, die mit gesundem Menschenverstand nichts mehr zu tun haben.

Daher besitzt der Durchschnittsmensch mehr Einbildungskraft, als für die Entwicklung seiner feineren Sinne förderlich ist. Alle zwölf Sinne müssen aber gleichmäßig entwickelt sein, wenn wir imstande sein wollen, die Dinge so zu begreifen, wie sie in Wirklichkeit sind, und dazu muss das Gehirn im Zustand des Gleichgewichtes sein. Sich einzubilden, der Mensch sein ein rein geistiges Wesen, ist ein ebenso großer Irrtum, wie anzunehmen, er sei ein rein materielles Wesen. Die geistige und die materielle Seite machen zusammen das menschliche Wesen aus und wer nur die eine Seite anerkennt, verrät eine einseitig entwickelte, unausgeglichene Gehirnverfassung und verläuft sich dann in Begriffe und Anschauungen, die sich mit den wirklichen Verhältnissen nicht vereinbaren lassen und daher Widerspruch, Widerstand, Gewalt, Streit und Kampf herausfordern, also friedliche Zustände unmöglich machen.

Als Kinder der Natur ist es daher unsere Pflicht, uns allseitig zu entwickeln, nicht aber einseitig. Es ist ganz gut und schön, alles Mögliche über Himmel und Hölle zu wissen; aber jetzt ist doch das Wichtigste für uns, uns über das gegenwärtige Leben auf dieser Erde in jeder Beziehung auszukennen und seinen Anforderungen gerecht zu werden. Das spätere Leben wird seine eigenen Anforderungen haben, die wir hier gar nicht erfüllen können. Lernen wir uns selbst und die Schönheiten dieses Lebens besser kennen, dann werden wir auch ein so genanntes künftiges Leben zu würdigen verstehen.

Die Schönheit dieses Lebens liegt darin, dass wir unsere besonderen Gaben, Fähigkeiten, Talente und Eigenschaften kennen und zu unserem Fortschritt ausnutzen. Je mehr Fortschritte wir in dieser Beziehung machen, um so klarer erkennen wir das große Naturgesetz, dass nicht zwei Wesen einander gleich sein können, wenn sie sich auch ähnlich sein mögen. Dann lernen wir auch die anderen besser verstehen und ihre Eigenheiten anerkennen, anstatt dass wir versuchen, ihnen unsere Eigenheiten aufzudrängen, womit wir nur unsere Unkenntnis beweisen würden.

Alle Menschen haben ihre besonderen Eigentümlichkeiten oder ihre charakteristischen Eigenheiten, durch die sie sich voneinander unterscheiden und die sie nicht etwa ablegen, sondern pflegen und vervollkommnen sollen; denn darin liegt der besondere Wert jedes Menschen. Wir sollen unsere Eigenheiten kennen und sollen lernen, von ihnen zu unserer Entwicklung Gebrauch zu machen. Dann werden wir einsehen, dass wir in Wirklichkeit nichts aufzugeben haben, sondern dass uns alles, selbst unsere Eigenheiten, zum Besten dienen.

Wir müssen uns also zuerst einmal mit den Eigenheiten unseres Körpers vertraut machen und ihn mehr und mehr kennen und lieben lernen. Denn wir brauchen ihn auf dieser Erde und können ihn nicht durch etwas anderes ersetzen.

Der Mangel an Selbsterkenntnis macht uns unzufrieden mit allem und mit uns selbst. Wir versuchen zwar, die Philosophie des Lebens zu ergründen, aber in unserem Zustande gelingt es uns nicht. Dann verlegen wir uns mit aller Kraft auf das Geldmachen, jagen nach Reichtum und Ruhm und kein Mittel ist uns zu niedrig oder zu unvernünftig, wenn es uns nur hilft, unser Ziel zu erreichen. Wir gehen dann den langen und schweren Weg der Erfahrung anstatt den Pfad der Beobachtung, der zwar Anforderungen an unser selbständiges Denken stellt, dafür aber schnell und sicher zum Ziele führt.

Um richtig zu beobachten, brauchen wir alle unsere zwölf Sinne in einem so entwickelten Zustande, dass unsere Sinneswahrnehmungen keine Missverständnisse aufkommen lassen. Das gilt auch für das Gehör, dessen Entwicklung die zweite rhythmische Atemübung dient. Wir müssen uns eines guten Gehörs erfreuen. Denn viele Unannehmlichkeiten im Leben beruhen auf Missverständnissen, die auf ungenaues oder unrichtiges Hören zurückgehen. Zwar liebt jeder Mensch von Natur aus das Wahre und Richtige, will nichts Unwahres und Unrichtiges sagen und bestrebt sich, alles richtig zu hören und weiterzuerzählen; aber infolge des mangelhaften Gehöres, dessen Zustandes man sich gar nicht bewusst ist, bilden wir uns oft ein, etwas gehört zu haben, was nie gesagt worden ist, also auch nicht gehört werden konnte.

Wie z. B. in folgender Geschichte: In einem Dorf ereignete es sich, dass einem Knaben unwohl wurde und er sich erbrechen musste. Eine Nachbarsfrau hatte das gesehen, erzählte das Ereignis ihrer Tante und setzte hinzu, das, was der Knabe von sich gegeben habe, sei schwarz wie ein Rabe gewesen. Auf dem Heimweg besuchte die Tante eine Verwandte und erzählte ihr, sie haben soeben von einem Knaben gehört, der einen schwarzen Raben erbrochen habe. Die ganze Verwandtschaft geriet in Aufregung, sodass sich am Abend des Ereignisses viele um die ältliche Tante versammelten; um von ihr die wunderbare Geschichte zu hören. Bei der Erzählung geriet die Tante so in Eifer und Aufregung, dass sie behauptete, der Knabe habe drei schwarze Raben erbrochen.

Wir dürfen uns niemals auf das Hörensagen verlassen, weil das Gehörte missverstanden oder verdreht worden sein kann, selbst wenn keine böse Absicht vorliegt. Sobald unser Gehör fein genug entwickelt ist, werden wir in allem, was uns überbracht wird, den wahren Wert erkennen und werden nichts weitergeben, was uns stark gefärbt oder entstellt erscheint. Das bewahrt uns davor, unsern Nächsten zu richten, ohne ihn selbst gehört zu haben, und dann werden wir die glückliche Zeit erleben, dass sich jeder um seine eigene Sache kümmert.

Auch für die zweite rhythmische Atemübung bedarf es einer gewissen körperlichen Vorbereitung. Wie die Schärfe des Gesichtssinnes von der aufrechten Haltung der Wirbelsäule abhängt, so ist die Schärfe des Gehörs vom Zustand der Füße abhängig. Sobald in den Fußnerven nicht genügend Elektrismus erzeugt wird, leidet das Gehör. Jeder weiß aus Erfahrung, dass er weniger gut hört, sobald die Füße feucht oder nass werden, und dass sich dann der ganze Körper kalt fühlt. Man weiß auch, dass der ganze Körper selbst an kalten Wintertagen und bei leichter Bekleidung warm bleibt, wenn die Füße trocken und warm sind. Werden aber die Strümpfe feucht, sei es durch Ausdünstung, sei es auf andere Weise, dann fröstelt der Körper, auch wenn man in Pelze gekleidet ist.

Schon hieraus erkennen wir, dass die Füße für unser Wohlbefinden ebenso wichtig sind wie jeder andere Körperteil. Wir sollten stolz auf unsere Füße sein; denn sie ermöglichen uns die Fortbewegung. Trotzdem vernachlässigen wir sie schmählich und misshandeln sie mit unpassendem Schuhwerk wenn wir von Eitelkeit getrieben der Mode hinterher laufen.

Der Morgenländer ist stolz auf seine Hände und Füße und pflegt sie mit großer Sorgfalt, ganz besonders die Füße. Deshalb fasst er alles schnell und richtig auf und besitzt ein scharfes Gehör. Die Pflege der Füße hält deren Nervenzentren rege, die eine Rückwirkung auf den ganzen Körper und besonders auf den Kopf und die Ohren ausüben. Mancher wird schon entsprechende Beobachtungen an sich gemacht haben, ohne sich aber der Zusammenhänge bewusst geworden zu sein.

Wenn das Gehör durch eine schwere Erkältung leidet und man trocknet die Zehen gründlich und reibt sie mit den Händen, bis sie sich erhitzen, arbeitet das Gehör sofort besser.

Wegen dieser wohltuenden Rückwirkung auf den Kopf haben die Morgenländer der Fußpflege seit unvordenklichen Zeiten die größte Aufmerksamkeit geschenkt und es zu einer religiösen Pflicht gemacht, die Füße täglich zu baden, zu reinigen und mit wohlriechenden Ölen abzureiben. Wenn wir uns an diese Regel halten, werden unsere Füße sehr bald beweglicher und gelenkiger werden und auch weniger leicht ermüden und schließlich werden wir sogar kleinere Schuhe tragen können.

Auch unser Gang wird leichter und anmutiger, weil sich beim Gehen der Körper im Gleichgewicht hält, da wir sein Gewicht auf die Fußballen verlegt haben und es nicht mehr auf den Fersen ruhen lassen. Sobald wir unser Augenmerk hierauf richten, lernen wir es rasch, auf den Fußballen zu gehen und beweisen es uns selbst, dass sich dabei der Körper im Gleichgewicht hält und wir das Gefühl bekommen, als könnten wir unendlich weit gehen, ohne zu ermüden.

Das Gehen und Wandern wird uns dann ein Vergnügen und statt mit dem Auto, dem Bus oder der Bahn zu fahren, werden wir es bei vielen Gelegenheiten vorziehen zu gehen, um unsere Gesundheit zu fördern.

In der warmen Jahreszeit sollten wir die Füße häufig lüften und im Sommer oft barfuß gehen. Für alle Leute elektrischen Temperaments ist es eine große Wohltat, am Morgen barfuß im taufeuchten Gras zu gehen; dabei leiten die Erdströmungen Stoffe ab, die sonst leicht Nervenreizungen und andere unangenehme Wirkungen auslösen. Jedenfalls sollten die Füße oft gebadet werden. Das Trocknen, Abreiben, Einölen und Parfümieren besorgen wir am besten mit den eigenen Händen. Ist das aber aus irgendeinem Grunde unmöglich, dann sollten wir uns jemand dazu aussuchen, der mit unserem Temperament und unseren magnetischen Kreisen harmoniert. Würde sich die alte Sitte, Sandalen zu tragen, wieder einbürgern, dann würde sich der allgemeine Gesundheitszustand heben. Pflege deine Füße sorgfältig!

Auch den Stoffen, mit denen wir die Füße bekleiden, sollten wir mehr Aufmerksamkeit schenken. Am besten eignet sich Seide, weil sie die Füße nicht nur warm hält, sondern auch isoliert, sodass der Elektrismus nicht abgeleitet wird, der sich im Körper beständig entwickelt und aufgespeichert werden muss, um je nach Bedarf für die Gesunderhaltung benutzt zu werden. Seidene Strümpfe oder seidene Tücher unter den Strümpfen verhüten deshalb viele Erkältungen und Nervenstörungen. Im Besonderen kommt Seide dem magnetischen Temperamente zu.

Leinwand kommt der Seide am nächsten und ist besonders dem elektrischen Temperament zu empfehlen und auch solchen, die zu Rheumatismus und Gicht neigen. Wolle soll nicht unmittelbar auf der Haut liegen. Aber wollene Strümpfe können über die seidenen Tücher getragen werden. Schon Hammurabi machte die Erfahrung, dass alles Volk, das Wolle unmittelbar an seinem Körper trug, schwerfällig war und große Füße bekam. Wir aber brauchen kleine, zarte Füße mit gut arbeitenden Nervenzentren. Deshalb nehmen wir gern leichte dünne Strümpfe aus Halbseide oder leicht zu reinigender Baumwolle und ziehen, wenn nötig, dünne Strümpfe von Baumwolle oder Kunstseide darüber.

Nur wenn wir den kleinen Dingen im Alltagsleben Aufmerksamkeit schenken und die kleinen Pflichten tagtäglich sorgfältig erfüllen, wird die Natur ihr Schatzhaus vor uns öffnen und dessen Fülle vor uns ausbreiten. Meist sind wir aber zu ungeduldig, um uns mit Kleinigkeiten abzugeben, und setzen dadurch die Ursache dafür, dass wir unser vorgestecktes Ziel in diesem Leben nicht erreichen. Selbst die größten Gebäude setzen sich aus lauter kleinen Teilen zusammen. Der Grund für unsere falsche Einstellung ist, dass unser Nervensystem ungleichmäßig entwickelt ist, dass daher unsere Sinneswerkzeuge einseitig arbeiten und unser Urteil einseitig oder voreilig ist. Das uns fehlende innere Gleichgewicht oder die Ausgeglichenheit kann uns nur dadurch werden, dass wir uns Tag für Tag bemühen, im Kleinen treu, gewissenhaft und sorgfältig zu sein.

Wir müssen unsern Körper also so leistungsfähig machen, dass er den Anforderungen der gegenwärtigen Zeit standhält, und nicht schon sich aufzulösen beginnt, bevor wir überhaupt auf den richtigen Weg zu unserm Ziele gelangt sind.

Mit Hilfe des rhythmischen Atems führt unser Lungen-Dynamo einen vollkommenen Blutumlauf und eine vollkommene Blutreinigung herbei und dadurch eine vollkommene Herztätigkeit. Der individuelle rhythmische Atem wirkt unmittelbar harmonisierend oder ausgleichend auf die Nervenzentren, die das elektrische Nervenfluidum hervorbringen, das die Schwingungen in den Gehirnzellen steigert und die Intelligenzen darin anregt oder weckt, und zwar in allen drei Gehirngruppen, der intellektuellen, der spirituellen und der materiellen. Infolgedessen werden wir uns der leisen sanften Stimme des Herzens bewusst.

Wir fühlen uns dann zu einer ausgleichenden Betätigung unserer Kräfte in nützlicher Arbeit angeregt und steigern sie für immer größere Leistungen. Geraten wir aber doch einmal in einen Zustand, der auf das deutet, was man Krankheit nennt, so suchen und finden wir sofort das einfache Mittel, das uns körperlich wieder ins Gleichgewicht bringt. Ist der Zustand aber gar schon zu einer Krankheit ausgeartet, dann bestärken die rhythmischen Atemzüge unsern Willen, sie abzuschütteln, und die innere Stimme weist uns auf die einfachen Abwehrmittel hin, die wir ohne Zögern anwenden, bis die Heilung erzielt ist. Was, wann und wie wir essen und trinken sollen, wird uns von Tag zu Tag klarer und auch auf allen anderen Gebieten des Lebens erschließt sich uns eine Gedankenwelt, die dem Durchschnittsmenschen verschlossen bleibt.

Mazdaznan legt also das Hauptgewicht nicht auf die äußerliche Erziehung, sondern auf die Entwicklung und Wirksamkeit der im Menschen innewohnenden verborgenen Kräfte, Selbsterkenntnis und Anwendung der Naturgesetze.

Von Dr. O. Z. A. Hanish.
Auszüge aus der Mazdaznan-Atem- und Gesundheitskunde. Ausgewählt und bearbeitet von Jens Trautwein.
Foto: Adobe Stock © Anatoly Repin

Hier geht es weiter mit der 2. rhythmischen Atemübung.


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