Atmen

Wer meint, er wisse schon alles, hat von Natur aus eine gut arbeitende Lunge, ist deshalb anderen in vielen Dingen voraus, bemerkt aber nicht, dass er ihnen in vielen anderen Dingen nachsteht. Deshalb gibt er auch nichts darum, sich zum Atmen zu erziehen. Aber auch die Stimme eines großen Sängers verlangt Übung und Pflege, wenn sie Nutzen bringen soll. Pflege und Übung können sogar eine schwache und unsichere Stimme stärken und festigen und ihr Lieblichkeit verleihen.

Die Pflege und Übung des Atems kommt nicht nur der Stimme zugute, sondern weckt auch schlummernde Gehirnzellen und erweitert dadurch das Denkenswesen. Denn Lunge und Gehirn stehen in Wechselbeziehung zueinander. Je besser die Lunge die eingeatmeten Elemente umwandelt, umso regsamer und leistungsfähiger wird das Gehirn. Ist die Lunge schwach oder dehnt sie sich ungenügend aus, so erhalten die Gehirnzellen zu wenig Anregung und leisten dementsprechend wenig. Ist aber die Lunge mit allen Gehirngruppen harmonisch verbunden, dann entspringt dem Gehirn der zur gegenwärtigen Zeit bestmögliche Gedanke, der uns Nutzen bringt.

Das erste und einfachste, was wir üben und lernen müssen, ist das Ausatmen. Das ist keine neue Entdeckung, sondern eine uralte Erkenntnis.

Wir mögen viele Dinge wissen, können aber sehr weit davon entfernt sein, sie zu begreifen und Nutzen daraus zu ziehen. Wir mögen viele und sogar überdurchschnittliche Erfahrungen im täglichen Leben gesammelt haben, können aber doch außerstande sein, uns ein richtiges Urteil darüber zu bilden. Nur zu oft geht unser Urteil infolge unseres Vorurteils, Eigensinnes, Stolzes oder Trotzes fehl, womit wir uns den Eingebungen unserer Individualität im Herzen entgegenstellen, weil wir fürchten, der Außenwelt gegenüber als Sonderling zu erscheinen. Wir könnten also sehr wohl verständiger und weiser sein, wenn wir uns nicht durch falschen Stolz den besseren Weg zur inneren Überzeugung abschnitten.

Dadurch begrenzen wir die Tätigkeit unseres Gesinnes in der Zirbel zu Gunsten der nur äußerlichen Eindrücke und unterbrechen die Verbindung zwischen der abstrakten Seite des Gesinnes und dem Herzen. So geraten wir vom schmalen Wege der Ursprünglichkeit oder Originalität auf die breite und bequeme Bahn des Scheines und der Äußerlichkeiten, verlaufen uns in zahllose Nebenwege und ernten Illusionen und Sinnestäuschungen. Es ist aber besser, über diese oder jene Einzelheit der Außenwelt unwissend zu erscheinen und dafür den Eingebungen und Weisungen der abstrakten Seite unseres Wesens oder unserer Individualität (im Herzen) zugänglich zu bleiben, sodass wir zu unfehlbaren Schlussfolgerungen gelangen, die sich durch den Erfolg als richtig erweisen.

Wollen wir uns von der Begrenztheit unseres Denkenswesens und von unserer Urteilsunfähigkeit befreien, dann ist und bleibt die Verlängerung der Ausatmung das einfachste und wirksamste Mittel.

Die völlige Entspannung ist dabei von großem Einfluss. Merken wir irgendwo auch nur die geringste Spannung, so ändern wir unsere Stellung sogleich ein wenig. Selbst eine ganz geringfügige Änderung kann dazu führen, dass wir die Ausatmung leicht verlängern können.

Je mehr wir mit dem Gedanken bei den Übungen sind, umso eher werden wir uns auch der unterschiedlichen Wirkungen bewusst, die wir durch unterschiedlichen Rhythmus erzielen können, besonders wenn wir den Atem mit der Tonleiter in Verbindung bringen und Lieder auf den Atem singen. Jede verlängerte Ausatmung wird uns neue und erstaunliche Wirkungen offenbaren und uns noch unbekannte Schätze und Kräfte erschließen.

Von Dr. O. Z. A. Hanish, deutsch von Dr. O. Rauth.
Auszüge aus Offenbarungen 1934.
Foto: Adobe Stock © dglimages

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